Studenten, die weder in ihrer Heimatstadt ein Studium aufnehmen noch im Hotel Mama residieren mögen, müssen sich oftmals schon lange vor Studienbeginn um eine Unterkunft bemühen. Der erste Gang auf dem Campus führt daher meist zum Studentenwerk, wo Studienanfängern schnell dämmert, dass Plätze auch im engsten Wohnheim mit Doppelbelegung rar und begehrt sind.
Die Alternative lautet meist WG – oftmals inklusive Gemeinschaftsbad und -küche, weniger Privatsphäre und gut gemeinten Ratschlägen zur Lebensführung. Wie Studenten auch anders leben können, zeigen verschiedene Beispiele aus aller Welt.
Wohnheime: Alles außer gewöhnlich
Wer bei Wohnheimen an renovierungsbedürftige Plattenbauten mit Gemeinschaftsbad auf dem Campus denkt, liegt in einigen deutschen Universitätsstädten ganz schön daneben. Überrannt von den Studentenmassen der vergangenen Jahre mussten auch die Studentenwerke kreativ werden und in kurzer Zeit zusätzlichen Wohnraum schaffen. In Ulm leben einige Studierende in einem verlassenen Kloster in der Weststadt, in Osnabrück hat das Studentenwerk ein Wasserwerk, eine Fabrik und einen 200 Jahre alten Bauernhof zu Wohneinheiten umgebaut.
Mittlerweile internationale Bekanntheit hat das Wachhäuschen auf der Osnabrücker Stadtmauer erlangt, das Platz für einen Studenten bietet. Diese eher unkonventionellen Unterkünfte bieten zwar keinen Luxus, aber ein interessantes Ambiente, funktionale Einrichtungen und bezahlbare, stabile Mieten, was sie im Vergleich zu WGs, Einzelwohnungen oder klassischen Wohnheimen sehr attraktiv erscheinen lässt.
Leben auf eng(st)em Raum
Ein eigentlich gar nicht so neuer Trend sind Studentenwohnungen auf sehr kleinem Raum – sie werden immer dann populär, wenn in Universitätsstädten der Wohnraum knapp oder sehr teuer wird. Aktuellste Beispiele dafür sind die aus den USA stammenden Tiny Houses, wirklich winzige (aber voll ausgestattete!) Häuser mit lediglich rund 10-12 m² Wohnfläche, die sich zumindest in ihrem Herkunftsland praktisch überall schnell und problemlos aufstellen lassen. Ein ganz ähnliches Konzept verfolgen die „micro student houses“ aus Schweden: Die smarten, voll ausgestatteten und ebenfalls rund 10 m² großen Häuschen bieten alles, was ein Student zum Leben benötigt.
Mobile Mini-Zimmer zählen auch in China zu den neueren Trends. Aus der Studentenstadt Nanjing stammt der Entwurf eines nachhaltigen, aber voll ausgestatteten Mikro-Zimmers – mit einem Boden aus Pressspan, einem Bett aus Karton und einer mit Solarenergie betriebenen Deckenlampe. Bereits seit den 1980ern bekannt ist das Prinzip der Wohnwürfel bzw. Wohncontainer in München. Als Notquartier gedacht etablierten sich die blechernen Einzelzimmer mit Parkblick schnell – die aktuellste Version nennt sich o2 Village und besteht aus 7 Würfeln mit je 6,8 m² Grundfläche, auf denen eine Toilette, Dusche, Küche, Schlafkoje sowie ein Wohnzimmer untergebracht ist.
Ähnlich beengt dürften zahlreiche Studierende wohnen, die meist für eine kurze Zeit in einem Wohnwagen oder Wohnmobil auf einem Campingplatz in Uninähe leben. Seltener anzutreffen sind Studenten mit eigenem Boot, die statt teurer Stadtmieten deutlich günstigere Liegegebühren zahlen und auf ihrem Boot relative Freiheit und Unabhängigkeit genießen. Allen diesen Unterkünften ist gemein, dass sie zu vergleichsweise günstigen Mieten sehr wenig (aber clever strukturierten) Platz zum Leben bieten.
Verlassene Bauten neu belebt
Ein relativ neuer Trend in Studentenstädten auf der ganzen Welt ist die Nutzung verlassener Gebäude. Mangels Platz und bezahlbaren Alternativen entstand im südafrikanischen Johannesburg zum Beispiel das Projekt Mill Junction. Auf einer Reihe ausgedienter Getreidesilos stapeln sich nun ausrangierte Schiffscontainer über vier Stockwerke – kunterbunt, zu Wohnungen umgebaut und mit einem fantastischen Blick über die Stadt. Umgebaute Schiffscontainer sind auch in den Niederlanden anzutreffen – zum Beispiel in Utrecht, wo sie auf Trägerkonstruktionen aufgesetzt und übereinander gestapelt jeweils Platz für 1-2 Personen bieten.
Einen anderen Weg schlagen Universitäten in den USA ein: Studenten haben zum Beispiel in Kalifornien die Möglichkeit, zusammen mit einigen wenigen anderen Studenten in Häuser einzuziehen, deren Besitzer die Finanzierung nicht mehr stemmen konnten und ihre Häuser verlassen mussten. Sie profitieren damit vom Platzen der Immobilienblase vor wenigen Jahren – und leben in zum Teil sehr luxuriösen Häusern zu einem Bruchteil der Miete, die sie für ein Zimmer auf dem Campus oder ein Apartment zahlen müssten.
Wohnen im Schloss: Studenten als Hauswächter
Richtig viel Platz haben mit ein wenig Glück auch Studenten, die als Hauswächter arbeiten. Sie bewachen leer stehende Gebäude wie z.B. alte Fabriken, Schulen oder auch Anwesen einfach indem sie darin leben – mit gewissen Auflagen, versteht sich. Das Konzept wird zum Beispiel durch den holländischen Dienstleister Camelot weltweit verbreitet und bietet Studierenden viel Platz zu denkbar günstigen Konditionen.
Wohnraum gegen Dienstleistung
Wohnen für Hilfe ist ein Konzept, das vor allem in Europa derzeit immer mehr an Bedeutung gewinnt. Das Prinzip ist einfach: Studenten erhalten eine kostenlose Unterkunft, beispielsweise in einem Privathaus oder in einem Seniorenheim, und leisten dafür Hilfe in Form von Kinderbetreuung oder Seniorenbetreuung. Wichtig dabei ist, dass sich beide Parteien an vorab definierte Rechte und Pflichten halten und sich gegenseitig ausreichend Privatsphäre zubilligen.