
Wer sich für ein BWL-Studium entscheidet, will oft hoch hinaus. Die Vorstellung ist verlockend. Heute noch Vorlesung über Kostenrechnung, morgen vielleicht schon als CEO an der Spitze eines DAX-Konzerns? Der Karriereplan scheint klar – zumindest auf dem Papier. Doch wie sieht die Realität wirklich aus? Welche Wege führen tatsächlich in die Führungsetage? Und welche Rolle spielt das BWL-Studium dabei?
Traum vom Chefsessel – Realität oder Illusion?
Manchmal beginnt alles mit einem Satz im ersten Semester: „Mit BWL stehen dir alle Türen offen.“ Ein Versprechen, das Hoffnung weckt – aber auch Erwartungen schürt. In den Köpfen vieler Studierender entsteht ein Bild vom Aufstieg: vom Praktikanten zum Abteilungsleiter, vom Manager zur Führungskraft, vom Bereichsleiter zum Vorstandsvorsitzenden. Doch die Wirklichkeit ist oft komplexer, rauer, unberechenbarer.
Denn die Chefetage ist kein Fahrstuhl mit nur einer Taste nach oben. Sie ist ein Labyrinth aus Erfahrungen, Entscheidungen, Begegnungen – und manchmal auch Zufällen. Das BWL-Studium vermittelt zweifellos wichtiges Rüstzeug: betriebswirtschaftliches Denken, analytische Fähigkeiten, unternehmerisches Verständnis. Aber allein mit Theorie kommt man selten ganz nach oben.
Was ein BWL-Studium wirklich leistet
Das Bachelor- oder Masterstudium der Betriebswirtschaftslehre ist in Deutschland einer der beliebtesten Studiengänge – aus gutem Grund. Kaum ein anderes Fach ist so breit aufgestellt. Ob Finanzen, Marketing, Personalmanagement, Controlling oder Unternehmensführung: Die Vielfalt der Inhalte ist groß, die Anwendungsmöglichkeiten ebenso.
Aber: Die Breite ist Fluch und Segen zugleich. Während Mediziner, Juristen oder Architekten meist einen klaren Beruf vor Augen haben, ist für BWL-Absolventen vieles offen – aber wenig eindeutig. Diese Offenheit erfordert Eigeninitiative, Zielstrebigkeit, eine gute Struktur im Studium – und oft auch eine gehörige Portion Geduld.
Fakt | Details |
Anteil der CEOs mit BWL-Studium in DAX-40-Unternehmen | Rund 45 % (Stand: 2024) |
Durchschnittsalter bei Berufung zum CEO | ca. 53 Jahre |
Berufserfahrung vor dem CEO-Posten | Durchschnittlich 25–30 Jahre |
Anteil der CEOs mit internationaler Erfahrung | Über 80 % |
Anteil der CEOs, die zuvor in der Unternehmensberatung oder im Investmentbanking tätig waren | Rund 30 % |
Relevante Zusatzqualifikationen | MBA, Promotion, Auslandserfahrung, Führungstrainings |
Wichtigste Soft Skills laut Führungskräftebefragungen | Kommunikationsfähigkeit, strategisches Denken, Veränderungsbereitschaft, Empathie |
Diese Zahlen zeigen: Der Weg an die Spitze ist lang – und selten gradlinig. Ein BWL-Studium ist ein Baustein, aber kein Selbstläufer. Ohne gezielte Weiterentwicklung, Netzwerke und unternehmerisches Denken bleibt der Chefsessel in weiter Ferne. Tipps für den erfolgreichen Start ins BWL-Studium beinhalten daher nicht nur die Wahl der richtigen Universität, sondern auch das frühe Erkennen persönlicher Interessen – sei es in Richtung Controlling, Marketing oder Unternehmensgründung.
Soft Skills – Das oft unterschätzte Kapital

Technisches Wissen kann man lernen – aber Führungsqualitäten muss man leben. Das zeigt sich spätestens dann, wenn Fachwissen nicht mehr reicht, um Entscheidungen zu treffen, die ganze Abteilungen betreffen. Kommunikation, Empathie, Konfliktfähigkeit – das sind die wahren Schlüsselqualifikationen für den Sprung ins Top-Management. Und diese werden im Hörsaal oft nur am Rande thematisiert. Diese persönlichen Kompetenzen machen den Unterschied:
- Sich selbst führen können: Wer seine Stärken und Schwächen kennt, trifft bessere Entscheidungen.
- Anderen Orientierung geben: Mitarbeiter wollen wissen, wohin die Reise geht – und warum.
- Wertschätzend kommunizieren: Ein klares „Nein“ zur richtigen Zeit kann mehr bewirken als ein diplomatisches „Vielleicht“.
- Krisen meistern: Auch in stürmischen Zeiten ruhig zu bleiben, ist eine Kunst – und ein Führungskriterium.
Manche dieser Fähigkeiten lassen sich in Nebenjobs, ehrenamtlichen Tätigkeiten oder durch Start-up-Projekte trainieren – oft effektiver als durch jedes Seminar.
Karrierewege in Konzernen – eine Frage der Haltung
Ein großer Konzern bietet klare Strukturen, Entwicklungspfade, Mentoring-Programme und Aufstiegsmöglichkeiten. Doch der Wettbewerb ist hoch. Wer sich abheben will, braucht mehr als ein gutes Zeugnis. Der entscheidende Unterschied liegt oft in der Haltung: Bin ich bereit, Verantwortung zu übernehmen? Gehe ich proaktiv auf Chancen zu? Habe ich die Ausdauer, auch bei Rückschlägen weiterzumachen?
Ein Beispiel aus der Praxis: Anna, 28, hat ihr BWL-Masterstudium mit einer soliden 2,0 abgeschlossen. Keine Überfliegerin, aber ambitioniert. Statt den sicheren Einstieg bei einem Mittelständler zu wählen, bewarb sie sich bei einem internationalen Großkonzern – und bekam eine Stelle im Traineeprogramm. Heute, sechs Jahre später, führt sie ein Team von 15 Personen in Südostasien. Nicht, weil sie die Beste im Jahrgang war, sondern weil sie bereit war, Neues zu wagen – und weil sie früh gelernt hat, wie wichtig Ordnung im Studium und strategisches Netzwerken sind.
Vom BWL-Student zum CEO? Möglich!
Das BWL-Studium ist wie ein gut sortierter Werkzeugkoffer. Er hilft beim Start, erleichtert viele Aufgaben, bringt Struktur ins Denken. Aber der Weg an die Spitze erfordert mehr: Persönlichkeitsentwicklung, Mut, eine Portion Glück – und den Willen, nie stehenzubleiben.
Der Traum vom CEO-Posten ist nicht naiv. Aber er ist auch kein Selbstläufer. Wer sich auf den Weg macht, sollte wissen: Es geht nicht nur um Titel, sondern um Verantwortung. Nicht nur um Karriere, sondern um Wirkung. Und vielleicht ist das BWL-Studium am Ende nicht der Fahrstuhl, sondern die erste Stufe auf einer langen, spannenden Treppe – mit vielen Möglichkeiten, wenn man bereit ist, sie zu nutzen.