Dem Spardiktat geschuldet ist nach Angaben des Hochschulrektorats der Uni Wien die geplante Abschaffung des Bachelorstudienganges Internationale Entwicklung. Die betroffenen StudentInnen protestieren dagegen vehement mit Demonstrationen, Besetzungen, der Umwidmung von Lehrveranstaltungen in kritische Diskussionen sowie Gastveranstaltungen.
Die Proteste werden dabei sowohl hochschulintern als auch gesellschaftlich konträr bewertet. Während auf der einen Seite das Eintreten für unabhängige Wissenschaft und der Verweigerung der kapitalflusskonformen Zurechtstutzung derselben Sympathien weckt, wird andererseits auch Kritik an den Protesten geübt. Diese bezieht sich zumeist auf die Inhalte des Studienganges, denn Internationale Entwicklung bedeutet in erster Linie, die Zusammenhänge globaler Wirtschaftsströme von der Zeit der Sklaverei und Kolonialisierung bis heute kritisch zu hinterfragen. Dies beinhaltet häufig auch eine ebenso kritische Bewertung der wirtschaftlichen Entwicklung Europas oder der sogenannten „westlichen“ Welt, die ohne die Gräuel und Ungerechtigkeiten der Geschichte heute nicht dort wäre, wo sie sich befindet.
Doch das Eingeständnis kollektiver geschichtlicher Schuld und der Tatsache, dass der relative Wohlstand des Westens eben nicht vorrangig auf Innovation und finanzielles Geschick zurückzuführen ist, weckt Widerstände in der Gesellschaft. So gelten Wissenschaftler und Studenten der Internationalen Entwicklung in gewissen Gesellschaftskreisen als Nestbeschmutzer, die ihre Finger in die eigenen historischen Wunden drücken. Hieraus ergeben sich dann Antipathien gegen die Proteste sowie die Befürwortung der Abschaffung des Studiums.
Der menschlich durchaus nachvollziehbare Drang zur Verdrängung unangenehmer Tatsachen eignet sich als Maßstab für die wissenschaftliche Analyse jedoch denkbar schlecht.